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Förderschule und Inklusion

(Stand: März 2024)

In Hessen haben die Förderschulen zusammen mit den allgemeinen Schulen (Grundschulen, verbundene Haupt- und Realschulen, Mittelstufenschulen, Gesamtschulen und Gymnasien) die gemeinsame Aufgabe, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu beschulen. Dabei ist der Besuch der allgemeinen Schule für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (Inklusion) der Regelfall. Dem Wunsch der Eltern nach inklusiver Beschulung ihres Kindes mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf ist so weit als möglich zu entsprechen. Gegen den Willen der Eltern kommt eine Zuweisung an eine Förderschule nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die allgemeine Schule das Kind nicht ausreichend fördern kann.

Ein sonderpädagogischer Förderbedarf darf erst festgestellt werden, wenn die allgemeine Schule ihre Möglichkeiten zur individuellen Förderung ausgeschöpft hat.

as Nähere zur sonderpädagogischen Förderung und zur Beschulung in der Förderschule ist in der Verordnung über Unterricht, Erziehung und sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen (VOSB) vom 15. Mai 2012 geregelt.

Prävention (§§ 1-2 VOSB)

Wenn Lehrkräfte den Eindruck haben, dass ein Kind Lernschwierigkeiten hat oder im Verhalten auffällig ist, muss zunächst versucht werden, in der allgemeinen Schule Maßnahmen zu treffen. Dazu gehören z. B. differenzierende Maßnahmen im Unterricht, Stütz- und Fördermaßnahmen, Einzelförderung, Zusammenarbeit mit dem Schulpsychologischen Dienst und/oder mit den Beratungs- und Förderzentren vor Ort. Z. B. kann in der Grundschule die/der zuständige Sonderpädagogin/Sonderpädagoge Kinder stundenweise aus dem Unterricht herausnehmen, um mit ihnen Sozialverhalten zu trainieren. Oder der Schulpsychologe kann ein Kind während des Unterrichts beobachten und auf dieser Basis Lehrer und Eltern beraten, was jeder von beiden tun kann, um dem Kind zu helfen. Wenn diese vorbeugenden Maßnahmen nicht ausreichen, muss überprüft werden, ob ein sogen. "sonderpädagogischer Förderbedarf" besteht.

Feststellung des "sonderpädagogischen Förderbedarfs" (§ 18 ff VOSB)

Dieses Verfahren muss nicht stattfinden, wenn auf Grund von Diagnosen der Frühförderstellen u.ä. der Förderbedarf schon früh festgestellt wurde und die Eltern die Einschulung in eine Förderschule beantragen.

Ansonsten gilt folgendes Vorgehen: Ergeben sich nach der Einschulung in die Grundschule oder später Anhaltspunkte für das Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs, beruft die Schulleiterin/der Schulleiter einen Förderausschuss ein. Den Vorsitz übernimmt eine Vertreterin/ein Vertreter des regionalen Beratungs- und Förderzentrums. Mit dabei ist die Schulleitung und die Klassenlehrerin/der Klassenlehrer. Die Eltern nehmen ebenfalls am Förderausschuss teil. Sie haben zusammen aber (nur) eine Stimme. Der Förderausschuss berät über die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs, die Einzelheiten der Förderung  und über die Beschulung in der Förderschule oder in der Inklusion. Grundlage ist das Gutachten einer Förderschullehrkraft. Das Gutachten macht Aussagen Über Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der sonderpädagogischen Förderung und einen Vorschlag für die notwendigen Fördermaßnahmen, den Ort der Beschulung und den Förderplan. Der Förderausschuss macht hierzu entsprechende Vorschläge. Dieser Vorschlag muss einstimmig erfolgen, darf also nicht gegen den Willen der Eltern gefasst werden. Das Staatliche Schulamt genehmigt den einstimmig gefassten Vorschlag des Förderausschusses oder entscheidet, falls sich der Ausschuss nicht einigen kann, selbst und teilt den Eltern diese Entscheidung mit - schriftlich und mit Begründung. Die Eltern haben das Recht, gegen diese Entscheidung Widerspruch einzulegen oder sie anzufechten. Allerdings hat der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung.

Was wir Eltern empfehlen

Was sehr wichtig ist: Die Eltern haben einen Anspruch auf umfassende Information und Beratung durch die Schule, durch die Fachkraft, die das Kind begutachtet und durch das Staatliche Schulamt. Wir empfehlen den Eltern dieses Recht auf Information und Beratung in Anspruch zu nehmen und ggfs. einzuklagen. Lassen Sie sich genau beschreiben, was Ihr Kind tut (oder nicht tut) und was mit ihm "nicht stimmt". Reden Sie mit der Klassenlehrerin, mit der Sonderpädagogin/dem Sonderpädagogen, die/der Ihr Kind begutachtet und mit dem/der Schulpsychologin/Schulpsychologen. Bestehen Sie darauf, dass Sie darüber auf dem Laufenden gehalten werden, welche Schritte zu welchem Zeitpunkt durchgeführt werden. Wenn Sie von der Schule keine Informationen erhalten, können Sie sich jederzeit an das Staatliche Schulamt wenden und sich nach dem Stand der Dinge erkundigen. Machen Sie sich von diesen Gesprächen kurze Notizen, damit Sie den Ablauf im Zweifelsfalle rekonstruieren können. Sie haben das Recht zu den Gesprächen eine Begleitperson mitzunehmen. Unterschreiben Sie nicht, bevor sie von der Notwendigkeit der Fördermaßnahmen Überzeugt sind. Stimmen Sie der Aufnahme in eine Förderschule erst zu, wenn für Sie nachvollziehbar ist, warum eine inklusive Beschulung nicht möglich ist. Sie haben als Eltern die Möglichkeit, ein eigenes Gutachten einzuholen. Sprechen Sie mit Ihrem Kinderarzt und lassen Sie sich von ihm an einen Kinderpsychiater Überweisen oder suchen Sie ein sozialpädiatrisches Zentrum oder einen Kinderpsychologen auf. Auch ein Anwalt kann helfen: allerdings nur, wenn es um Verfahrensfragen geht. Bei pädagogischen Fragen sind Sie auf die Meinung der anderen Experten angewiesen. Die Kosten des eigenen Gutachtens und die Anwaltskosten müssen Sie als Eltern allerdings selbst tragen.

Unser Eindruck

In vielen Beratungsgesprächen haben wir den Eindruck, dass die Schulen sich eher wenig Zeit nehmen für das Verfahren und die Eltern nicht im (gesetzlich) vorgesehenen Umfang einbeziehen. Stattdessen wird versucht, Kinder, die "stören" möglichst schnell loszuwerden. Das mag mit dem allgemeinen Stress in den Schulen und den (zu) großen Klassen zusammenhängen. Im Interesse der betroffenen Kinder und Eltern ist dies nicht. Besonders auffällig ist, dass auch in Kindergärten bereits "Verhaltensauffälligkeiten" diagnostiziert und an die Grundschulen gemeldet werden. Dort erhalten sie dann ein entsprechendes Gewicht, obwohl die Erzieherinnen / Erzieher in der Regel dafür nicht ausgebildet sind. In einem solchen Fall sollten die Eltern bei der Schulleitung vorstellig werden. Die Landespolitik des Sortierens und Ausgrenzens scheint sich hier auszuwirken. Weitere Informationen finden Sie auch auf der Seite des Bildungsserver Hessen. Dort finden Sie ein eigenes Portal für sonderpädagogische Förderung.